Italienisch, Badisch, Schwäbisch, Suaheli

Vom 26. bis 29. Mai fand der 102. deutsche Katholikentag in Stuttgart statt. Mit dem Musikverein „Eintracht“ Rettigheim war im Programm auch ein Blasorchester aus dem Rhein-Neckar-Kreis vertreten und hatte etwas ganz Besonderes im Gepäck: Am 28.05. führte der Musikverein das Crossover-Album „Calling All Dawns“ des amerikanischen Komponisten Chirstopher Tin zum ersten Mal mit Blasorchester und Chor auf. Unterstützt wurde das 40-köpfige Orchester aus Rettigheim dabei von rund 50 Sängern und Sängerinnen des Chores Vocalmania aus Isenburg (bei Horb a. Neckar) und des Coro di Vilimpenta aus der norditalienischen Stadt Villimpenta.

Calling All Dawns besteht aus 12 Titeln in 12 verschiedenen Sprachen aus verschiedenen Kulturen, z.B. Suaheli, Mandarin, Latein oder Hebräisch. Die Texte haben ihren Ursprung im Religiösen, Spirituellen oder der örtlichen Kultur, z.B. Auszüge aus der Tora, aus der Bibel, aus Maori-Sprichwörtern oder aus der japanischen Kurzgedichtform Haiku.

Während auf dem Stuttgarter Schlossplatz die zentrale Abendveranstaltung des Katholikentages stattfand, herrschte in der Kirche St. Maria reges Treiben – ein strammer Zeitplan des Organisationskomitees ließen Orchester und Chor nur 90 Minuten Zeit für Aufbau, Soundcheck und Anspielprobe, bevor um 20:30 Uhr das Konzert begann. Die Besucherzahlen des Katholikentages blieben zwar weit hinter den Erwartungen der Vorjahre zurück, aber trotzdem war die Kirche St. Maria zum Konzertbeginn passabel gefüllt. Vocalmania und der Coro di Vilimpenta eröffneten mit zwei Chorstücken, die der anwesenden Veranstaltungstechnik die letzte Gelegenheit zum Nachjustieren gab, bevor die Welturaufführung begann.

Logos IMPULS, Bundesmusikverband Chor & Orchester e.V, Förderprogramm Neustart Kultur & der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Dieses Projekt wird im Rahmen des bundesweiten Programms IMPULS gefördert.

Die drei Sätze “Tag”, “Nacht“ und “Morgengrauen” (entsprechend dem Leben, Tod und der Wiedergeburt) des Werkes haben jeweils einen eigenen Charakter. Der erste Satz konfrontierte die Zuhörer mit vielen ungewohnten Klängen und für europäische Ohren fremde fernöstliche Harmonien. Dieser Charakter wurde vom Orchester mit teilweise ausgefallenen Instrumenten gekonnt wiedergegeben.
Die wechselnden Gesangs-Solisten vom Rezitativ in Suaheli über einen engelsgleichen Chor in chinesischer Sprache zum Sopran-Solo auf Portugiesisch, (uvm.) begeisterten die Gäste, während die Sänger angenehm zurückhaltend vom Orchester begleitet wurden. Dieses hat in der Komposition aber auch immer wieder Passagen, in denen das Können der Musiker hervorgehoben werden kann und Instrumentalparts einen Gegensatz zum Gesang bieten.

Auf den heiteren und fröhlichen „Tag“ folgten im zweiten Satz, der „Nacht“, drei melancholisch und ruhige Stücke, die von Chor und Orchester andere Qualitäten forderten: Viele getragene Stellen bedurften guter Intonation, während der Chor solistisch über bewusst kleiner Instrumentation schwebt. Musikalisch war das Werk im europäischen Raum angekommen, aber selbst hier erschlossen sich den Gästen z.B. mit einem irischen Klagelied neue Horizonte.

Das Finale des Werkes, die „Dämmerung“, greift vorangegangene Themen teilweise wieder auf und führt die Zuhörer weiter in den Mittleren und Fernen Osten: Während der Chor Hebräisch und Farsi sang, erklangen persische Trommeln. Ungewohnte fünf Viertel und zwölf Achtel Rhythmen wurden vom Orchester gekonnt präsentiert, während Synkopen die Gäste beim Lauschen und Mitwippen der mitreißenden Melodien immer wieder auf der Stuhl- bzw. Kirchenbankkante hielten.

Vor dem letzten Stück bedankte sich der Vorsitzende des Musikvereins Oliver Eschelbacher bei allen Gästen für den Besuch und bei den Mitwirkenden für deren Engagement, insbesondere beim Chor-Leiter Rolf Wiechert und der Orchester-Dirigentin Christiane Weinmann: Auf Grund der geographischen Entfernung der Teilnehmer, gab es nur drei gemeinsame Proben. Trotz dieser Rahmenbedingungen lieferten der Musikverein Rettigheim, Vocalmania Isenburg und der Coro di Vilimpenta eine beeindruckende Leistung ab. Das Werk endete mit einem mitreißenden Titel, der auf dem Maori Sprichwort „Kia Hora Te Marino“ basiert – frei übersetzt: „Möget ihr Frieden finden“.

Das Publikum honorierte die Leistung des Musikvereins und der Chöre, die für diese Aufführung aus Baden, Schwaben und Italien zusammengekommen sind, mit stehenden Ovationen. Als Zugabe erklatschte man sich die Wiederholung des ersten Stückes „Baba Yetu“, das „Vater Unser“ auf Suaheli.

Am 24. Juli um 18 Uhr wird eine weitere Aufführung des Werkes in der Rettigheimer Pfarrkirche St. Nikolaus stattfinden.