Seit 1974 fand jedes Jahr am Sonntag vor Weihnachten das „Winterkonzert“ des Musikverein „Eintracht“ Rettigheim statt, bis die Pandemie diese Serie nach 45 Jahren unterbrochen hat. Ende 2022 gab es dann gleich mehrere Gründe, die gegen den traditionellen Termin am 4. Advent sprachen. Deshalb hatte der Musikverein Rettigheim am 23. April in die Rettigheimer Pfarrkirche eingeladen, um das Konzert „nachzuholen“.
Das 35-köpfige Blasorchester eröffnete das Konzert mit der Filmmusik zum Monumentalfilm „Ben Hur“. Die Musik aus der Feder Miklós Rózsas war nicht weniger bombastisch als der Film selbst und die Zuhörer fühlten sich an das Wagenrennen im römischen Zirkus erinnert – Fanfaren und orientalische Klänge inklusive.
Nachdem der Vorsitzende Oliver Eschelbacher die Gäste begrüßt hatte, führten im Folgenden Karin Eschelbacher, Christine Essele, Carsten Göbel und Caroline Hotz durch das Konzertprogramm.
Das zweite Stück, Karl Jenkins „Palladio“, war vielen Konzertbesuchern namentlich nicht bekannt, aber nach den ersten Takten setzte die Erkenntnis ein: Ausschnitte der Melodie werden in Fernseh-Werbespots gern genutzt. Das Orchester nutzt in dem Stück die akustischen Möglichkeiten der Kirche aus: Ruhige und filigrane Stellen der Holzbläser bildeten einen Kontrast zum vom Blechbläserfundament gestützten Gesamtklang des Orchesters. Antonín Dvořáks „Slawischer Tanz“ schlug stilistisch in eine ähnliche Kerbe, wie das vorherige Stück. Ruhige, melancholischen Stellen wechselten sich ab mit lebhaften, feierlichen Passagen.
Während die ersten 3 Stücke für Blasorchester arrangierte Bearbeitungen von Orchesterwerken sind, präsentierte sich „Ross Roy“ als Originalwerk für Blasorchester. Der 10-minütige Titel schickt den Zuhörer zurück in seine Schulzeit und vertont Pflicht und Disziplin ebenso wie Humor und Spieltrieb oder die erste Liebe.
Im Anschluss ehrte der stellv. Vorsitzende des Blasmusikverbandes Helmut Spannagel Mitglieder des Vereins, die sich durch langjährige aktive Tätigkeit oder durch ehrenamtliches Engagement in der Vorstandschaft ausgezeichnet haben. Helmut Spannagel betonte in seiner Ansprache die verbindende Funktion der Musik. In Anbetracht von Pandemie, Konflikten und Krisen sehnen sich die meisten Menschen nach Gemeinschaft – und kaum ein Hobby kann die Leute so zusammenbringen wie die Musik.
Für 10 Jahre aktive Tätigkeit wurden Tim Brucker, Emil Cullik, Pirmin Cullik, Nell Gramlich, Jasmin Kramer und Anna Weßling mit der Ehrennadel in Bronze ausgezeichnet. Für 20 Jahre aktive Tätigkeit erhielten Patrick Reiß, Iris Weißert, Marcel Weißert und Jens Werstein eine Auszeichnung. Carolin Hotz wurde für 30 Jahre Musizieren die Ehrennadel in Gold verliehen. Für 40 Jahre aktive Tätigkeit erhielten Tanja Cullik, Karin Eschelbacher, Reiner Knopf, Markus Reiß und Christiane Vogel die Ehrennadel in Gold mit Diamant. Für 50 Jahre wurden Helmut Braun, Oliver Eschelbacher, Hubert Kleinlagel, Bernd Kretz und Alfred Reiß ausgezeichnet. Auf außergewöhnliche 60 Jahre aktive Tätigkeit können Bernhard Bös und Friedwald Braun zurückblicken. Da diese Ehrung in ganz Baden-Württemberg so selten ist, muss Helmut Spannagel die Ehrennadel individuell anfertigen lassen und nachreichen.
Die Dirigentin Christiane Weinmann wurde mit der Dirigentennadel in Bronze für 10-jährige Tätigkeit ausgezeichnet.
Zusätzlich wurde an diesem Tag auch das ehrenamtliche Engagement in der Vorstandschaft geehrt: Marius Vogel wurde für 10 Jahre als Funktionsträger ausgezeichnet. Regina Kamuf, Monika Stadler und Iris Weißert wurden für 15 Jahre im Ehrenamt geehrt. Tanja Cullik, Claus Fischer, Frank Fischer und Reiner Knopf sind seit 20 Jahren in der Vorstandschaft tätig. Christiane Vogel ist seit 25 Jahren Funktionsträgerin. Weitere Auszeichnungen gab es für Annemarie Gräf (30 Jahre), Jürgen Kocher (30 Jahre), Alfred Reiß (40 Jahre), Bernhard Bös (50 Jahre) und Friedwald Braun (55 Jahre).
Nach zuvor konzertanter Literatur folgte nach den Ehrungen mit „Oceans (Where Feet May Fail)“ ein Stilwechsel: Der Pop-Song vertont eine Szene aus dem Matthäus-Evangelium. Musikalisch hatte sich der Musikverein für dieses Stück mit Christiane Bauer als Solo-Sängerin und Bernhard Böser an der E-Gitarre Unterstützung geholt.
Das Konzertprogramm wurde abgerundet durch „Moment For Morricone“ – eine Hommage an den 2020 verstorbenen Komponisten Ennio Morricone.
Das Publikum honorierte die Leistung des Musikvereins und der Gastmusiker mit stehenden Ovationen. Als Zugabe erklatschte man sich „Ich gehör nur mir“ aus dem Musical „Elisabeth“ – gespielt vom Orchester und gesungen von Christiane Bauer.